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KI-gestützte Bioakustik

Wie hilft Künstliche Intelligenz, Tierlaute zu erkennen?

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Die moderne Technik geht noch einen Schritt weiter: Heute kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel, um in der Bioakustik zu helfen. Aber warum braucht man KI? Stell dir vor, du hast Wochen voller Tonaufnahmen aus einem Wald – stundenlanges Vogelzwitschern, Froschgequake, Insektensummen. Das alles per Hand anzuhören und auszuwerten, würde ewig dauern. Genau hier hilft KI-gestützte Bioakustik: Computeralgorithmen übernehmen einen Großteil der „Lauscharbeit“.

Ein paar Beispiele, wie KI die Bioakustik unterstützt:

Automatische Auswertung großer Datenmengen: KI-Systeme können riesige Mengen an Audioaufnahmen viel schneller analysieren als ein menschliches Ohr. Seit ein paar Jahren gibt es Algorithmen, die aufgenommene Vogelstimmen automatisch auswerten. Zwar ist diese automatische Stimmerkennung noch nicht perfekt, aber sie erleichtert schon jetzt die Arbeit enorm. Forscher müssen nicht mehr jede Aufnahme vollständig durchhören, sondern können sich von der KI verdächtige Stellen anzeigen lassen. So erfährt man zum Beispiel aus wochenlangen Wald-Aufnahmen, welche Tierarten dort waren, ohne jede Minute manuell abhören zu müssen. Die KI filtert gewissermaßen die „spannenden“ Momente heraus.

Artenerkennung durch Klangmuster: KI kann Tierlaute bestimmten Arten zuordnen, indem sie charakteristische Klangmuster erkennt. Eine KI wird dazu mit tausenden bekannten Tierstimmen „trainiert“. Hört sie nun einen neuen Ton, kann sie vergleichen, welches Muster am ehesten passt. Ein Beispiel ist die App BirdNET, ein gemeinsames Projekt deutscher und US-amerikanischer Forschender: Sie nutzt künstliche Intelligenz, um Vogelgesänge zu erkennen. Die Aufnahme eines Vogelrufs wird zunächst in ein Spektrogramm umgewandelt – eine visuelle Darstellung von Lautstärke, Tonhöhe und Länge des Rufs. Dieses Klangbild vergleicht die KI dann mit ihrer umfangreichen Audio-Datenbank (trainiert mit Aufnahmen aus dem Cornell Lab of Ornithology), um die Vogelart zu bestimmen. So kann BirdNET zum Beispiel aus einem kurzen Zwitschern herausfinden: „Aha, das ist ein Gartenrotschwanz!“ – und das in Sekundenschnelle.

Citizen Science und Apps: KI-basiertes Erkennen von Tierstimmen ist nicht nur etwas für Wissenschaftler – es kommt auch bei Smartphone-Apps für Naturfans zum Einsatz. Es „brummt“ derzeit richtig in der Hobby-Ornithologie, denn immer bessere Vogelstimmen-Apps ermöglichen ein völlig neues Naturerlebnis. Selbst absolute Laien können in Echtzeit herausfinden, welche Vögel in ihrer Umgebung singen. Man hält einfach das Handy-Mikrofon in Richtung Vogelgezwitscher, und die App (etwa Merlin Bird ID oder wieder BirdNET) analysiert das Gehörte mit KI. Auf dem Display erscheint dann z.B.: „Gesang erkannt: Amsel“. Das funktioniert sogar, wenn man den Vogel gar nicht sieht. Solche Apps begeistern viele Menschen für die Vogelwelt und machen aus dem Spaziergang eine spannende Entdeckungstour.

Monitoring und Naturschutz: In Forschungs- und Naturschutzprojekten eröffnet KI ganz neue Möglichkeiten. Beispielsweise hat der Landesbund für Vogelschutz (LBV) ein Projekt gestartet, um den nächtlichen Vogelzug besser zu erforschen und zu schützen. Hierbei werden in den Nachtstunden die Flugrufe ziehender Vögel mit Aufnahmegeräten aufgezeichnet und per KI-Programm wie BirdNET automatisch erkannt. So gewinnt man neue Erkenntnisse über das Ausmaß und die Routen des Vogelzugs und kann gezielte Schutzmaßnahmen ableiten – etwa gegen Lichtverschmutzung, die die Vögel auf ihrem Zug irritiert. Dieses Beispiel zeigt, wie digitale Werkzeuge und KI helfen, Artenvielfalt konkret zu schützen. Allgemein gilt: Durch KI-gestützte Bioakustik können gefährdete Arten besser überwacht werden, ohne sie zu stören. Man erkennt schneller Trends (z.B. Rückgänge einer Art) und kann Gegenmaßnahmen früher einleiten.

Kurz gesagt: KI ist für die Bioakustik wie ein Turbo-Hörgerät mit eingebautem Super-Gedächtnis. Sie hört unermüdlich zu, erkennt Muster und lernt ständig dazu. Menschen und Maschinen bilden dabei ein Team: Die KI liefert Hinweise und Vorsortierungen, und Fachleute überprüfen die Ergebnisse und ziehen die biologischen Schlüsse daraus. So können wir die Sprache der Tiere immer besser „übersetzen“. In Zukunft könnten solche Technologien vielleicht sogar helfen, komplexe Tierkommunikation – wie Walgesänge oder Affenrufe – noch tiefergehend zu verstehen. Spannend, oder?